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Terracotta-Figur mit zwei Janusköpfen

Höhe

28 cm.

Ethnie

Komaland

Land

Ghana

Material

Terrakotta

Provenienz

- Galerie Walu, Zürich (1987). - Nachlass Dr. H. und C. Baumann, Bern.

Ausgestellt

Historisches Museum Olten, 1989.

Publikationen

Schaedler, Karl-Ferdinand / David, René & Denise (1987). Zürich: Galerie Walu (1987). Schaedler, Karl-Ferdinand (1989). Afrika. Maske und Skulptur. Olten: Walter-Verlag. Abb. 88.

Expertisen

Thermolumineszenz-Altersbestimmung: 600 Jahre (+/-20%)

Untere Schätzung

3,000.00 CHF

Obere Schätzung

6,000.00 CHF

Zuschlag

Karl Ferdinand Schädler beschrieb die Neu-Entdeckung dieser Kultur 1987 wie folgt: „Manche von ihnen sehen aus, als kämen sie von den Bandiagara-Schluchten und wären Produkte der Dogon. Doch das sind nur wenige. Die meisten dieser Terrakotten einer Kultur, von der man nichts weiss, sehen eher aus als kämen sie aus Somarzo oder als seien sie der Phantasiewelt eines Hieronymus Bosch entsprungen: Köpfe, deren Hirnschalen spitz zulaufen oder die umgekehrt becherförmig ausgehöhlt sind, mit brillenartigen Augen oder mit Ohren, die zwei Henkeln gleich, am Hinterkopf angebracht sind. Münder, die sich von irgendeinem Gesicht getrennt, mit anderen Mündern zu einem neuen „für sich sprechenden“ Wesen vereinigen; umgekehrt wiederum Gesichter, die sich ebenfalls mit anderen zusammengeschlossen haben und – mit Armen und Beinen versehen – nun direkt aus der Unterwelt zu kommen scheinen.

Es scheint müssig, darüber zu rätseln, welcher Gedanken- und Ideenwelt diese Figuren, Köpfe und Objekte entsprungen sind – ob sie als Grabbeigaben, Ahnen- oder Kultfiguren geformt wurden. Vielleicht ist es sogar beruhigend zu wissen, dass nicht jedes neu entdeckte Geheimnis in Afrika auch gleich zu lüften ist, dass – wenigstens für einige Zeit – eine Kultur nicht wie ein Leichnam seziert werden kann: weil weder mündliche Überlieferungen noch archäologische Nebenprodukte irgendwelche Hinweise geben.

Statt dessen sollte man sich vielleicht damit begnügen, zum einen die Ingeniosität der Gestaltung und zum anderen den kraftvollen expressiven Ausdruck zu bewundern, der diesen Plastiken innewohnt. Dabei scheint es sich, urteilt man nach diesen beiden Kriterien und nach dem äusseren Erscheinungsbild der Objekte, um verschiedene Stilrichtungen, wenn nicht sogar um verschiedene Kulturen zu handeln, die entweder einander gefolgt sind oder aber – was immerhin auch möglich scheint – völlig unabhängig nacheinander in derselben Gegend entstanden sind.

Eine der Stilrichtungen zeigt einen manieristischen Charakter, die bewusst verschobenen Gesichtszüge, die den Figuren, meist sitzende Gestalten mit Halsketten, Würdezeichen oder Oberarmmessern, häufig einen unheimlichen, transzendentalen, teilweise auch malignen Ausdruck verleihen – Fürsten einer anderen Welt. Wie bei vielen der offenbar singulär gestalteten Köpfe, die in einem meist spitz zulaufenden Hals enden, sind auch häufig die Köpfe der Figuren becherförmig ausgehöhlt. Die Hände ruhen meist auf den Knien (gelegentlich ganz unmotiviert auf einer der Schultern) und die Geschlechtsteile – der Grossteil ist männlich – sind häufig übergross und deutlich modelliert. Die einzeln gearbeiteten Köpfe sind dabei in der Regel viel grösser gestaltet als die Figuren; sie sind meist auch gröber in der Ausführung und im Stil viel urtümlicher und direkter.

Eine andere Stilrichtung, die sich vor allem in den Köpfen von theriomorphen Wesen ausdrückt, zeigt häufig einen weit aufgerissenen, offenbar schreienden Mund und erinnert dann an gotische Wasserspeier. Ein besonderes Augenmerk müssen die Leute dieser Kultur janusförmigen Köpfen und darüber hinaus mehrköpfigen Wesen gewidmet haben. Die ersteren, als Einzelskulpturen konzipiert, erhalten durch die konisch zulaufenden Köpfe manchmal einen phallischen Charakter (sie verlaufen unten auch gerade, nicht konisch wie die „Hohlköpfe“, die um die Gräber herum gesteckt gefunden wurden). Die letzteren, mehrköpfigen Wesen haben, wie die janusförmigen Einzelköpfe, gleichfalls konisch zulaufende Spitzköpfe; der Körper ist bei diesen, von denen man bis zu vier Persönlichkeiten in einer Skulptur wiedergegeben finden kann, jedoch ganz rudimentär als rechteckiger Block geformt, mit nur angedeuteten Gliedmassen und Geschlechtsteilen.

Was wird aus diesem Gebiet im Norden Ghanas, das heute die Koma (auch Komba, Konkomba, Bekpokpak etc.) bewohnen, noch ans Tageslicht kommen? War die Siedlung, aus der die Funde stammen, ebenfalls ein Umschlagplatz für Waren – Kolanüsse von der Küste, Gold, Salz, europäische Güter usw. -, wie Salaga zu Ende des vorigen Jahrhunderts, das auf dem Weg zur Küste liegt, oder wie Kong, Bondoukou und das heute nicht mehr existente Begho im Westen? Der rege Warenaustausch zwischen Küste und Nigerbogen, der vermutlich um 1500 wenn nicht schon viel früher einsetzte, als die Mossi-Staaten durch Reiterheere aus dem (heutigen) Ghana gegründet wurden, mag sehr wohl seinen Weg über dieses Gebiet genommen und die ökonomische Basis für diese ungewöhnliche Kultur gebildet haben. Eine Kultur, die uns hoffentlich noch viele Kunstwerke offenbart – und uns hoffentlich auch noch viele Rätsel aufgibt!“ Aus: Archäologische Funde aus Komaland. Zürich: Galerie Walu (1987).

Weiterführende Literatur:
Schaedler, Karl-Ferdinand (1997). Erde und Erz. München: Panterra Verlag.

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