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Zoomorphe Figur, „kronkronbua“

Länge

15 cm.

Höhe

7 cm.

Ethnie

Koma-Bulsa

Land

Ghana

Material

Terrakotta

Provenienz

Nachlass Andreas Vontobel (1931-2011), Waltalingen.

Technik

Ohne Sockel / without base

Untere Schätzung

300.00 CHF

Obere Schätzung

600.00 CHF

Zuschlag

441.00 CHF

kronkronbua = „Kinder aus früheren Zeiten“.

In den 1980er-Jahren wurden in der Upper West Region in Ghana, im Gebiet, das heute von den Koma (z.B. in Yikpabongo, Tantuosi, Wumobri) und den Bulsa (Builsa) bewohnt wird, die ersten Figuren dieses Stils aus gebranntem Ton gefunden. Thermoluminiszenz-Altersbestimmungen datierten die Objekte vom 13. bis 18. Jh u.Z.

Karl Ferdinand Schädler beschrieb die Neu-Entdeckung dieser Kultur 1987 wie folgt: „Manche von ihnen sehen aus, als kämen sie von den Bandiagara-Schluchten und wären Produkte der Dogon. Doch das sind nur wenige. Die meisten dieser Terrakotten einer Kultur, von der man nichts weiss, sehen eher aus als kämen sie aus Somarzo oder als seien sie der Phantasiewelt eines Hieronymus Bosch entsprungen: Köpfe, deren Hirnschalen spitz zulaufen oder die umgekehrt becherförmig ausgehöhlt sind, mit brillenartigen Augen oder mit Ohren, die, zwei Henkeln gleich, am Hinterkopf angebracht sind. Münder, die sich, von irgendeinem Gesicht getrennt, mit anderen Mündern zu einem neuen „für sich sprechenden“ Wesen vereinigen; umgekehrt wiederum Gesichter, die sich ebenfalls mit anderen zusammengeschlossen haben und – mit Armen und Beinen versehen – nun direkt aus der Unterwelt zu kommen scheinen.

Es scheint müssig, darüber zu rätseln, welcher Gedanken- und Ideenwelt diese Figuren, Köpfe und Objekte entsprungen sind – ob sie als Grabbeigaben, Ahnen- oder Kultfiguren geformt wurden. Vielleicht ist es sogar beruhigend zu wissen, dass nicht jedes neu entdeckte Geheimnis in Afrika auch gleich zu lüften ist, dass – wenigstens für einige Zeit – eine Kultur nicht wie ein Leichnam seziert werden kann: Weil weder mündliche Überlieferungen noch archäologische Nebenprodukte irgendwelche Hinweise geben.

Stattdessen sollte man sich vielleicht damit begnügen, zum einen die Genialität der Gestaltung und zum anderen den kraftvollen expressiven Ausdruck zu bewundern, der diesen Plastiken innewohnt. Dabei scheint es sich, urteilt man nach diesen beiden Kriterien und nach dem äusseren Erscheinungsbild der Objekte, um verschiedene Stilrichtungen, wenn nicht sogar um verschiedene Kulturen zu handeln, die entweder einander gefolgt sind oder aber – was immerhin auch möglich scheint – völlig unabhängig nacheinander in derselben Gegend entstanden sind.

Eine der Stilrichtungen zeigt einen manieristischen Charakter: die bewusst verschobenen Gesichtszüge, die den Figuren, meist sitzende Gestalten mit Halsketten, Würdezeichen oder Oberarmmessern, häufig einen unheimlichen, transzendentalen, teilweise auch malignen Ausdruck verleihen – Fürsten einer anderen Welt. Wie bei vielen der offenbar singulär gestalteten Köpfe, die in einem meist spitz zulaufenden Hals enden, sind auch häufig die Köpfe der Figuren becherförmig ausgehöhlt. Die Hände ruhen meist auf den Knien (gelegentlich ganz unmotiviert auf einer der Schultern) und die Geschlechtsteile – der Grossteil ist männlich – sind häufig übergross und deutlich modelliert. Die einzeln gearbeiteten Köpfe sind dabei in der Regel viel grösser gestaltet als die Figuren; sie sind meist auch gröber in der Ausführung und im Stil viel urtümlicher und direkter.

Eine andere Stilrichtung, die sich vor allem in den Köpfen von theriomorphen Wesen ausdrückt, zeigt häufig einen weit aufgerissenen, offenbar schreienden Mund und erinnert dann an gotische Wasserspeier. Ein besonderes Augenmerk müssen die Leute dieser Kultur janusförmigen Köpfen und darüber hinaus mehrköpfigen Wesen gewidmet haben. Die ersteren, als Einzelskulpturen konzipiert, erhalten durch die konisch zulaufenden Köpfe manchmal einen phallischen Charakter (sie verlaufen unten auch gerade, nicht konisch wie die „Hohlköpfe“, die um die Gräber herum gesteckt gefunden wurden). Die letzteren mehrköpfigen Wesen haben, wie die janusförmigen Einzelköpfe, gleichfalls konisch zulaufende Spitzköpfe; der Körper ist bei diesen, von denen man bis zu vier Persönlichkeiten in einer Skulptur wiedergegeben finden kann, jedoch ganz rudimentär als rechteckiger Block geformt, mit nur angedeuteten Gliedmassen und Geschlechtsteilen.

Was wird aus diesem Gebiet im Norden Ghanas, das heute die Koma (auch Komba, Konkomba, Bekpokpak etc.) bewohnen, noch ans Tageslicht kommen? War die Siedlung, aus der die Funde stammen, ebenfalls ein Umschlagplatz für Waren – Kolanüsse von der Küste, Gold, Salz, europäische Güter usw. – wie Salaga zu Ende des vorigen Jahrhunderts, das auf dem Weg zur Küste liegt, oder wie Kong, Bondoukou und das heute nicht mehr existente Begho im Westen? Der rege Warenaustausch zwischen Küste und Nigerbogen, der vermutlich um 1500, wenn nicht schon viel früher einsetzte, als die Mossi-Staaten durch Reiterheere aus dem (heutigen) Ghana gegründet wurden, mag sehr wohl seinen Weg über dieses Gebiet genommen und die ökonomische Basis für diese ungewöhnliche Kultur gebildet haben. Eine Kultur, die uns hoffentlich noch viele Kunstwerke offenbart – und uns hoffentlich auch noch viele Rätsel aufgibt!“ Aus: Archäologische Funde aus Komaland. Zürich: Galerie Walu (1987).

Weiterführende Literatur:
Schaedler, Karl-Ferdinand (1997). Erde und Erz. München: Panterra Verlag.

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Andreas Vontobel (1931-2011)

Andreas Vontobel war ein enthusiastischer und vielseitig interessierter Mensch, der in seinem Leben die verschiedenartigsten Interessen mit grosser Leidenschaft verfolgte. Er war ein Kunstsammler mit Herz und Seele, welcher neben afrikanischer Kunst auch alle anderen Bereiche der Kunst gesammelt hat. Sein Hauptinteresse galt dabei aber der aussereuropäischen Kult- und Gebrauchsgegenständen und besonders den Regalien.

Neben seinem Beruf als Psychologe war er auch ein hervorragender Fotograf und innovativer Künstler, der auch einige Reisen nach Afrika und Asien unternommen hat. Bestimmend für eine besonders ausgeprägte Faszination, die sein Leben lang anhalten sollte, waren die 60er Jahre: Damals begann seine Begeisterung für die afrikanische Kunst und Kultur, die er durch die Beschäftigung mit der modernen Malerei entdeckt hatte. Fortan besuchte er die bedeutendsten Kunst- und Völkerkundemuseen der Welt, studierte unzählige Bücher und trug über die Jahre systematisch eine Sammlung künstlerisch und ethnisch bedeutender Werke Schwarz-Afrikanischer Kunst zusammen. Als Quelle für seine Wünsche diente ihm unter anderem die Galerie Carrefour der Kunsthändler Pierre und Claude Vérité in Paris.

Der überwiegende Teil seiner Afrika-Sammlung stammt aus der Galerie Walu, denn er war einer der regelmässigen und gern gesehenen Besucher der Galerie. Über die Jahre entwickelte sich eine intime Freundschaft zu René David mit dem er seine kultur-übergreifenden Überlegungen zur aussereuropäischen Kunst eingehend diskutieren konnte. Vontobel interessierte sich nicht nur die Ästhetik der Objekte, sondern als Psychoanalytiker auch für die Inhalte und Riten die mit ihnen verbunden sind. Dabei faszinierten ihn besonders Grenzerfahrungen und die offensichtlich parallelen Ansätze der Heilung in verschiedenen Kulturen.

Zoomorphe Figur, „kronkronbua“ - Verkauft
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